Pfarrkirche St. Gallus und Nikolaus

Bewegte Jahrhunderte

Wann in Grünkraut die erste Kirche gebaut wurde, lässt sich heute nicht mehr genau sagen. Aber bereits eine Urkunde von 1243 bezeichnete Grünkraut als „alte“ Pfarrei. Belegt ist auch, dass 1480 durch ein Unglück die Grünkrauter Pfarrkirche zerstört wurde, wobei die näheren Umstände dazu nicht mehr bekannt sind.

In den Jahren 1480 bis 1482 erfolgte ein Neubau im spätgotischen Stil. Diese Kirche, die Zeitzeugen als eine der schönsten weit und breit gepriesen haben, wurde im Dreißigjährigen Krieg 1632 von den Schweden niedergebrannt. 1685 fiel dann auch der Neubau Flammen zum Opfer, als ein Hoffeuer auf mehrere Gebäude übergriff und sie vernichtete. Nur der Chorraum mit seinem spätgotischen Kreuzrippengewölbe und die alte Sakristei unten im Turm haben diese beiden Brände überlebt und bestehen heute noch in der Bausubstanz von 1482. 1692 war der Wiederaufbau – inklusive dem des Turmes in seiner heutigen Form – abgeschlossen.

Als am Kirchenschiff Anfang des 19. Jahrhunderts erhebliche statische Mängel festgestellt wurden, hat man es 1843 abgerissen und bis 1844 durch das heutige, deutlich größere im sogenannten Finanzkammerstil ersetzt.

Nach der Säkularisierung Anfang des 19. Jahrhunderts wurden in Süddeutschland jahrzehntelang nur noch sehr wenige neue Kirchen genehmigt und gebaut. Die Kirchenbauten aus dieser Zeit stellen fast ausschließlich die wenigen Ersatzbauten für baufällige Vorgängerkirchen wie in Grünkraut dar. Aus diesem Grund sind die Fenster des Grünkrauter Kirchenschiffs, die noch im Originalzustand von 1843/44 erhalten sind, sehr seltene Exemplare Ihrer Art und einzigartig in weitem Umkreis. Bei den aufwändigen Instandsetzungsarbeiten an diesen Fenstern 2016 wurde dies von verschiedenen staatlichen Stellen und Denkmalstiftungen bestätigt und mit Zuschüssen gewürdigt. Insbesondere wurde die Pfarrkirche Grünkraut wegen dieser Fenster von der Denkmalstiftung Baden-Württemberg im September 2016 auch mit dem Titel „Denkmal des Monats“ ausgezeichnet.

Nach dem zweiten Vatikanischen Konzil wurde unsere Pfarrkirche purifiziert: 1970 wurde bei einer großen Innenrenovation auf Anweisung des Denkmalamtes und der Diözese ein großer Teil der damaligen Innenausstattung entfernt, vor allem der Hochaltar, die Seitenaltäre und alle Bilder. Stattdessen wurde vom Ravensburger Bildhauer Henger ein neuer Volksaltar, Tabernakel und Ambo aus rotem Sandstein geschaffen und eingebaut.

Die letzte große Innenrenovation fand im Jahr 2004 statt. Dabei wurden mehrere Bankreihen im Kirchenschiff entfernt und stattdessen der Altarraum vom Chorraum aus weit nach vorne gezogen. Der Tabernakel von 1970 wurde ersetzt und vom Chorraum an die linke Vorderwand des Kirchenschiffs verlegt. So entstand im Chorraum durch eine Bank an der Wand entlang quasi ein kleiner Gottesdienstraum, der zum Beispiel für Taufen oder auch kleine Werktagsgottesdienste genutzt werden kann.

2008 wurde von der Glockensachverständigen der Diözese das gesamte vierstimmige Geläut der Pfarrkirche stillgelegt. Drei der Glocken stammten aus dem Jahr 1922 und waren aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage damals aus billigem Eisenhartguss statt aus Bronze. Nur die größte Glocke aus dem Jahr 1956 war aus Bronze, hatte allerdings einen stark korrodierten Klöppel. So entschieden sich die Verantwortlichen der Pfarrgemeinde, zusätzlich zu der Bronzeglocke von 1956 weitere vier neue Glocken gießen zu lassen. Im Sommer 2010 war es dann soweit: Nach dem Einbau eines komplett neuen eichenen Glockenstuhls konnte das prächtige neue fünfstimmige Salve-Regina-Geläut erstmals erklingen. Möge es die Einwohner Grünkrauts über Jahrhunderte zusammenrufen zum Gebet und zur Feier unseres christlichen Glaubens.

Das grüne achteckige Kirchturmdach der Grünkrauter Kirche ist außergewöhnlich und weithin sichtbar. Dass die Farbwahl vom Ortsnamen inspiriert wurde, scheint wahrscheinlich.

Madonna mit Kind (um 1700), eine barocke Holzstatue. Das Jesuskind auf Marias Arm ist eine Neuanfertigung aus dem Jahr 1977, da im selben Jahr bei einem Kircheneinbruch das original barocke Jesuskind gestohlen wurde. 

Historisch bedeutsame Fensterrosette im Finanzkammerstil aus dem Jahr 1843/44.