Weihnachten findet statt!
Die Frage ist bloß: wie? – werden die meisten auf diese Aussage erwidern, denn während ich diese Zeilen schreibe wird der nun zweite „harte Lockdown“ zum Eindämmen der Corona-Pandemie in unserem Land angeordnet. Mit „Weihnachten“ verbinden alle Menschen ein Fest mit einer besonderen Stimmung, mit Gemütlichkeit, gutem Essen, Geschenken, mit stimmungsvoller Dekoration und Lichterglanz; heimelig soll es sein und liebevoll. Ein Fest für und mit der Familie. Für die Anderen ist Weihnachten mit viel Arbeit verbunden, Hochsaison für Post und Paketzusteller, im Einzelhandel das wichtigste Jahresgeschäft. Für manche bedeutet der Heilige Abend und die Feiertage Tage der Einsamkeit. Weil der geliebte Mensch plötzlich nicht mehr da ist. Weil es schwer ist ein Fest allein zu feiern und es niemanden gibt, der zu Besuch kommen wird – auch schon vor Corona nicht.

Weihnachten findet statt – aber wie und mit wem?

Für heutige postmoderne Christen ist der Gottesdienst am Heiligen Abend oder am eigentlichen Weihnachtstag fast der einzige Gottesdienst, den sie im Jahr besuchen, dabei bemühen sich die Kirchen mit Musik und Krippenspiel ein eindrucksvolles Gottesdienst­erlebnis zu vermitteln (wird unter Pandemiebedingungen nur schwer oder gar nicht möglich sein).  Nicht zu vergessen die regelmäßigen treuen Kirchgängerinnen und Kirchgänger und die vielen Ehrenamtlichen in den Gemeinden; auch für sie ist Weihnachten der Höhepunkt im Kirchenjahr. Gefühlt sogar wichtiger als Ostern. Und auch Nicht-Christen sind von diesem „Fest der Liebe“ so fasziniert, dass sie es feiern und manche christliche Tradition wie den Christbaum ungefragt übernehmen.

Weihnachten findet statt – aber warum?

Es war der Heilige Franziskus, der in der Weihnacht 1223 in einer Grotte namens Greccio im Rietital zwischen Assisi und Rom das erste „Krippenspiel“ mit lebenden Personen und Tieren nachgestellt und in einem Gottesdienst gefeiert hat. Denn der Heilige wollte das Ereignis „so greifbar als möglich mit leiblichen Augen schauen“. Im Johannes­evangelium hören wir am Weihnachtstag: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt…“ (Joh 1,14) Das heißt nichts anderes als: Gott wird Mensch aus Fleisch und Blut, mit allem, was dazu gehört. Wird uns Nachbar, Bruder, Schwester, ganz nah und vertraut mit allem, was wir in unserem Fleisch und Blut erleben und erleiden. Gott, ganz nah! In der Person des Jesus von Nazareth ist uns Gott ganz nahegekommen, mit seinen Worten und Taten, auch mit seinem Leiden am Kreuz. Diese Frohe Botschaft können wir nur im Glauben deuten und annehmen. Wir können sie aber erfahren in der Zuwendung zu anderen Menschen, ob verwandt, Freund oder notleidend. Das kann in einem Geschenk zum Ausdruck kommen und auf vielerlei andere Weise, nicht nur zur Weihnachtszeit.

Weihnachten findet statt – aber anders!

Während in diesen Tagen möglichst alle Kontakte auf ein Mindestmaß beschränkt werden, soll es an den Feiertagen kurzzeitig wieder Lockerungen geben, um Weihnachten in der Familie feiern zu können. Weihnachten ist aber mehr als ein Familienfest, es ist zu allererst das Christ-Fest. Noch ist nicht klar, ob alle geplanten Gottesdienste trotz entsprechender Einschränkungen, ohne das Singen der Weihnachts-lieder u. a., gefeiert werden können. So bleibt Weihnachten in diesem Jahr wirklich das Fest der Überraschung – das Fest des Staunens, im doppelten Sinn. Gott wird Mensch in einem simplen Stall, auf Heu und auf Stroh. Kehren wir doch in diesem Sinne nach Betlehem zurück und feiern bewusst ein einfaches Weihnachtsfest.

„Weihnachten für alle, ob christlich oder nicht, ist die Überraschung, dass die Einfachheit nicht selten der Schlüssel zur Zufriedenheit ist.“ (Maite Kelly)

Möge uns alle die Gegenwart Gottes in seiner Einfachheit überraschen.
Frohe, zufriedene und gesegnete Weihnachtstage

Elmar Kuhn, Gemeindereferent